Samstag, 23. August 2014

"In Deutschland kann man statt einen Prozeß führen eben so gut würfeln."

soll Prof. W. Geiger - ehem. Richter beim BVerfG - (Richterzeitung 9/82, S. 325) gesagt haben.

Ein Staatsanwalt und Richter auf Probe wirft das Handtuch und lässt die Öffentlichkeit seine Gründe dazu wissen. In "Betrifft Justiz" Nr. 117, März 2014, Seite 17-22, hat er seinen Begründungsbrief an das Justizministerium in Auszügen veröffentlicht: "Erläuterung meines Antrages vom 08.07.2013 auf sofortige Aufhebung meines Dienstverhältnisses als Richter auf Probe" von David Jungbluth. Ein Interview dazu wurde bei telepolis veröffentlicht. Auch Danisch thematisiert den Fall.

Der Vorsitzende des Richterbundes bestätigt die Angaben des Herren Jungbluth. Quelle: Saarbrücker-Zeitung.

Die chronische Zeitnot der Justiz bei der Bearbeitung ihrer Fälle ist aber keine große Neuigkeit.
Spätestens seit der Veröfentlichung der Ergebnisse des Projektes PEBB§Y hätte es eigentlich ein jeder wissen müssen: Die, für die Bearbeitung eines Falles dem Richter oder Staatsanwalt zur Verfügung stehende, Zeit ist für die meisten Verfahrensarten ein Witz.
 Wer sehen möchte, wieviel ein Amtsrichter z. B. für ein Sorgerechtsverfahren braucht, gehe doch bitte auf Seite 9:
"Sorge- und Umgangsrechtsverfahren (auch als Folgesachen)", "CN9" und lasse sich von der Bearbeitungszahl in Minuten beeindrucken:

Ganze
210 Minuten  (3 Stunden und 30 Minuten)
hat der gute Mann, um die Akten (Klage und Erwiderung + Anlagen) und ein Gutachten (ca. 30-120 Seiten) zu lesen, die Verhandlung zu führen (ca. 1 Stunde) und ein Urteil zu schreiben, wenn nötig.

Ich bin mir sicher, dass die meisten Leser sagen werden, dass unsere unabhängigen Richter in dieser, ihnen zur Verfügung stehenden Zeit, den Fall gewissenhaft prüfen werden und die Gesetze einhalten werden.

Die Probe aufs Exempel bekommt mann im Falle des §1626a BGB, alte Fassung: Es waren Väterrechtler, nicht die so stark beschäftigten Richter, die schon immer die Verfassungswidrigkeit dieses Paragrafen an den Pranger stellten. Nun ist er wech, der alte Paragraf. Der neue Inhalt des alten Paragrafen ist nach wie vor verfassunsgwidrig. Das kümmert aber unsere unabhängigen Richter nicht. Kein einziger Familienrichter hatte vermutlich das Grundgesetz in seiner Studienzeit belegt. Sonst würden sie Art. 100 kennen:
"Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, ..., wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen."

You! Hätten die Richter nach Recht und Gesetz gehandelt (Vater und Mutter sind vor dem Gesetz gleich, zum Wohl des Kindes gehören nicht nur die sozialen Kontakte zu seinem Vater, sondern auch die Möglichkeit des Vaters für es zu sorgen), so hätten sie alle - aber wirklich alle - soviel Kompetenz zeigen müssen, dass sie dem BVerfG §1626 a BGB in jedem Sorgerechtsverfahren auf den Tisch hätten knallen müssen.

Exkurs: Siehe z. B. hier, wie die Arbeitsgerichte beim Kippen des Nachtarbeitsverbotes vorgegangen sind: 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83 und 10/91. Mann darf aber nicht vergessen, dass Unternehmerinnen hinter diesen Verfahren standen, die Frauen in den Nachtschichten haben wollten, um ihnen 22% weniger zahlen zu können.

Das setzt aber voraus, dass Richter wissen, was zum Wohl des Kindes dazugehört und den Inhalt des Grundgesetzes. Das scheint aber nicht zu ihrer Ausbildung zu gehören. Dass ein Vater zum Kind gehört - so wie die Mutter - hatten die offensichtlich niemals als Wert vermittelt bekommen.

Was besonders bedenklich stimmt! Jungbluth bringt es nämlich auf den Punkt:

Mann muss sich bewusst werden, dass ein Richter eine qualitativ hochwertige Arbeit leistet, wenn er einen Fall soweit beleuchtet, dass er sich auch die Frage der Verfassungskonformität der anzuwendenden Gesetze stellt!

Jungbluth belegt aber, dass zu keinem Zeitpunkt von ihm eine qualitativ hochwertige Arbeit erwartet wurde, da eine gründliche Bearbeitung der Fälle zu einem Anstieg der Verfahrenszahl führen würde. "Mithin sei qualitativ anspruchsvolle Arbeiten (in der Justiz) quasi unerwünscht." schlussfolgert Jungbluth.

Wenn sogar der Vorsitzende des Richerbundes die Aussagen des Herren Jungbluth "weitgehend bestätigt", dann muss es wohl stimmen. Quelle: Saarbrücker Zeitung.

Damit fällt aber der Anspruch der Justiz, das Kindeswohl in einem Sorgerechtverfahren tatsächlich zu prüfen weg: Sie kann das gar nicht, weil ihr schlicht die Zeit und den Richtern die Ausbildung dazu fehlt!

Die "Orientierung am Wohl des Kindes" bleibt damit eine hohle Phrase: "Ach wie hohl ist der Begriff vom Kindeswohl!" ist eine bekannte väterrechtliche Zusammenfassung des geltenden Familien(un)rechts.

Mal ganz davon zu schweigen, dass mann von diesen Richtern nicht erwarten kann, dass sie jemals Art. 6, V, GG
"Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern."
soweit verstehen, dass sie den unehelichen Kindern - so wie der Regelfall bei den ehelichen Kindern - das gemeinsame Sorgerecht der Eltern zugestehen würden und die neue Fassung des §1626 a BGB, das der Mutter erneut ein Sonderrecht zugesteht und den Vater als Mensch zweiter Klasse behandelt, reihenweise per Verfassungsvorlage nach Art. 100 GG angreifen würden.

Das würde ich nämlich unter einer "qualitativ hochwertige juristische Arbeit" verstehen! Hat einer von so einer Verfassungsvorlage gehört? Nein? Dann muss Herr Jungbluth Recht haben: "Mithin sei qualitativ anspruchsvolle Arbeiten (in der Justiz) quasi unerwünscht."

Die Leidtragenden - wie immer - sind die Kinder, denen durch solche Gesetzgebung der Vater entfremdet wird.

Denn die Richter, die dem Vater so nonchalant das Sorgerecht verweigern, werden später dem Vater auf der Grundlage des §1685 BGB auch den Umgang verweigern:
"(1) Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.
(2) Gleiches gilt für enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat."
Diese Gesetzeskonstruktion, macht es dem Vater unehelicher Kinder praktisch unmöglich "tatsächlich Verantwortung" zu übernehmen (Ausnahmen bestätigen die Regel), wenn die Mutter alles daran setzt, den Vater von den gemeinsamen Kindern fernzuhalten.

Hat der Richter Zeit die Wahrheit zu ermitteln (er muss dies tun, da wir uns im Dunstkreis des FamGG befinden)? Nein, die 210 Minuten wirken auch hier. Die Fehler im Sorgerechtsverfahren werden hier wiederholt, denn zur Vereinfachung der Arbeit im zweiten Verfahren, werden die vorschnellen Schlüsse des ersten Verfahrens herangezogen.

Dadurch wird sich niemals Rechtsfrieden einstellen. Väter, die kämpfen können, werden dies nicht immer tun, denn sie sind sich als Testosteronträger (Testosteron macht fair, gerecht und ehrlich) der Tatsache bewusst, dass sie im Rahmen eines misandrischen Systems meistens nur ihre Kinder schädigen können.

Tja, was soll mann dazu sagen. Der Zeitmangel scheint schlimmer als die Ebola-Epidemie zu sein, die ganze Justiz ist davon betroffen, einschliesslich das BVerfG: "Ist das BVerfG noch gesetzlicher Richter?"

Die haben alle keine Zeit, um die Tatsachen zu erfassen.

Und last but not least, aber lesenswert:
"Gewaltenteilung als Verfassungsprinzip" Dissertation, Udo Hochschild

Ab Seite 41 beschäftigt sich der gute Mann mit der Frage:
"Von den Möglichkeiten der deutschen Exekutiven zur Beeinflussung der Rechtsprechung."

Da muss mann sich mit Udo Hochschild fragen: "Möglich oder nicht möglich?" (S. 44 ff)
"Wäre all dies möglich, so könnte die Exekutive subtil und im Ergebnis erfolgreich das Denken und Handeln von Richtern beeinflussen und so bis in die Arbeitsweise und sogar in die Entscheidungsfindung und damit in den Kernbereich (Carsten Schütz, Der ökonomisierte Richter, S. 190 ff.) der Judikative „hineinregieren“."
Womit aber die Unabhängigkeit der Richter nicht mehr gegeben ist.

Wir haben es ja gesehen, bei Mollath war es nicht die Exekutive sondern die Handball-Connection. Kein Ruhmesblatt.

Arme Kinder, arme Väter, die einem solchen System ausgesetzt werden. Der Schutz der Familie (zu der auch der Vater gehört) ist wohl nicht mehr gegeben. Aus Zeitgründen!